Zum Ausklang ein Kick in der „Agrar-Arena"

Familien-Fußball auf dem Hardtberg

Von Armin Dille (erschienen in der WAZ am 31. Dezember 2001)

Der Winter hat Einzug gehalten. Und wer nicht unbedingt seinen ballsportlichen Ambitionen in der Halle nachgeht, legt draußen eine jahreszeitlich bedingte Pause ein. Wie das Team unserer familiär und freundschaftlich verbundenen Hobby-Kicker, die sich in diesem Jahr - das am heutigen Silvestertag seinen Abschied nimmt - ihre neue sportliche Heimat auf dem Hardtberg geschaffen haben. In ländlicher Umgebung, inmitten von Wiesen und Weiden. Weshalb die private Sportanlage an der Bestener Straße von wohlmeinenden Besuchern auch schon ihren Spitznamen bekommen hat: „Agrar-Arena". Analog einer Arena, die Luftlinie nur rund 15 Kilometer entfernt ist und in der professionelle Fußballer mit wechselndem Erfolg ihrem Beruf nachgehen: Ballkünstler des FC Schalke 04, denen sich etliche der Jungs der Hobby-Fußball-Mannschaft „EG-Funke Dorsten" fantechnisch sehr verbunden fühlen.

Die Trikots unserer Hobby-Fußballer in den überwiegend besten Jahren sind allerdings nicht in Königsblau gehalten. Denn nicht alle Kicker der „EG-Funke Dorsten" sympathisieren natürlich mit den Schalker Knappen. Auch Anhänger der Dortmunder Borussen jagen auf dem Hardtberg engagiert dem runden Leder nach.

Wie Volker beispielsweise. Ein begeisterter Fan der Dortmunder Schwarz-Gelben. Der von seinen Team-Kollegen zum mehr oder weniger offiziellen Spielertrainer gewählt wurde. Besser: zum Coach bestimmt wurde. Denn gefragt wurde unser Freund eigentlich nicht. Hat dafür aber ebenfalls bereits seinen Spitznamen weg: Dettmar Cramer nennen ihn seine Kameraden. Aus welchen Gründen auch immer.

Also war mit Blick auf die unterschiedlichen Fan-Lager diplomatisches Geschick bei der Auswahl der Trikotfarben für unsere Hobby-Mannschaft gefragt. Und so tragen die Jungs vom Hardtberg die AuswärtsLeibchen der Deutschen National-Mannschaft. Mit dem teutonischen Adler auf der Brust.

Ohne den berühmten Stern eines bekannten Autoherstellers allerdings. Dessen Firmennamen wir hier aus wettbewerbsrechtlichen Gründen selbstredend nicht nennen dürfen.

Dafür aber mit der Werbung des Trikotsponsors. Eines ebenfalls bekannten ImbissBetriebes in der Essener Straße der Dorstener Altstadt. Der dem Onkel etlicher Hobby-Kicker der „EG-Funke Dorsten" gehört. Dessen Namen wir aus wettbewerbsrechtlichen Gründen hier selbstverständlich wiederum nicht nennen können.

Verwandschaftliche Bindungen, wohin man blickt. Die Hälfte der Spieler ist untereinander verwandt, verschwistert oder verschwägert. Die weiteren der insgesamt 16 sportlich aktiven Fußballer rekrutieren sich aus Freunden und Arbeitskollegen.

Und so wurde das HobbyTeam der „EG-Funke Dorsten" auch auf einer Weihnachtsfeier im Jahre 1996 gegründet. Einer Weihnachtsfeier der Familie Funke, versteht sich, mit ihren - wenn man es so sagen darf - Ausläufern in den Stadtteilen Altstadt, Hardt und Feldmark.

Trainiert wird nicht nur unter freiem Himmel in der „Agrar-Arena". Denn die wurde erst im Sommer dieses Jahres nach aufwändigen Umgestaltungs- und Baumaßnahmen fertiggestellt. Frank zeichnete für die Torgestaltung verantwortlich - ohne die geht's nicht. Frank ist nämlich Schreiner. Die Tornetze besorgte Carsten. Über den SV Dorsten-Hardt, von Platzwart Ede.

Und dass die Jungs überhaupt über eine Freiluft-Anlage verfügen können, liegt an einem weiteren Onkel der Familie. Der das Gelände an der Bestener Straße den 16 Fußballfreunden zur zeitweisen sportlichen Nutzung überließ.

Die Seele des Hobby-Teams ist Andre. Der ist nämlich für die notwendige Platzbearbeitung zuständig. So quasi als Platzwart, Landschaftsgärtner und Organisator - Mädchen für alles eben, wenn man so will.

Andre hat sich auch um die Beschaffung der Trikots gekümmert und deren Beflockung veranlaßt. Ganz wie bei den Profis. Nicht nur mit Nummern auf dem Rücken - auch mit Namen. Und da tauchen dann wieder Spitznamen auf, deren Ursprung meist bis in frühe Kindheitszeiten zurückzuverfolgen ist.

Wie „ELLI" beispielsweise. So prangt es auf dem Rücken von Andre. Oder „VENNE I" und „VENNE II". Oder „JERRY". Manchmal aber einfach auch nur „CARSTEN". Was aber zum Auseinanderhalten allemal reicht. Auch bei ziemlich diesigem Regenwetter zum samstäglich Saisonabschluss auf dem Hardtberg in der „Agrar-Arena"

Da sind die Hobby-Kicker noch einmal aufgelaufen. Fast vollzählig - mit 14 Mann. Zwei Akteure fehlen. Die befinden sich cirka 15 Kilometer entfernt. In einer großen, überdachten Arena: „Auf Schalke", um sich ein Bundesliga-Spiel der Profis in Königsblau anzusehen.

Mit Blick auf die vertrackte Abschlußschwäche der Schalker in etlichen Spielen dieser phasenweise ebenfalls vertrackten Spielzeit wären die beiden S 04-Fans besser bei ihrem Hobby-Team geblieben, das sich zum Saisonausklang noch einmal richtig ins Zeug legt, was die Torausbeute angeht. Aber dazu später mehr.

Der Rahmen zum letzten Spiel der Saison der „EG-Funke Dorsten" auf dem Hardtberg ist auf jeden Fall stimmig. Etliche Fans säumen das Geviert und der jüngste Nachwuchs hat bereits ausgiebig mit dem schlammigen Untergrund Bekanntschaft gemacht. Noch vor seinen Vätern in den grünweißen Leibchen übrigens ...

Am Rande wird schwarzer Tee gereicht. Angereichert mit einem Zuckerrohr-Erzeugnis aus der Karibik. Zum Aufwärmen für die Zuschauer. Was die Jungs auf dem Spielfeld nicht nötig haben, denn die gehen nach kurzer individueller Aufwärmphase eifrig zur Sache.

Zunächst wie die Schalker. Torlos nämlich. Bis zur Pause. Was einen jüngeren HobbyFußball-Anhänger aber dennoch zu der Feststellung verleitet: „Besser, wie vor der Glotze sitzen." Stimmt.

Und nach dem Pausentee - oder was immer es sonst war - nimmt die Torfabrik an der Bestener Straße dann ihre Produktion auf. Mit Hochdruck. Gerd bringt seine Sieben kurz nach dem Wiederanpfiff mit 1:0 in Führung. Torjubel brandet auf. Pferde auf der nahe gelegenen Koppel beginnen irritiert zu Wiehern, ein Hund auf dem benachbarten Bauernhof schlägt aufgeschreckt an - ländliches Flair, wie es sich für ein Agrar-Stadion eben gehört. Dann kommt der Chronist mit dem Zählen der Torerfolge kaum mit. Eine Halbzeit warmgespielt - und nun geht's so richtig los. „JERRY" markiert den 1:1-Ausgleich, „ELLI" erzielt den 2:1-Führungstreffer.

Der aber nicht lange von Bestand ist, denn Roland egalisiert wieder zum 2:2. Dann ist „VENNE II" an der Reihe und trifft zum 3:2 für seine „EG"-Sieben. Und „ELLI" ist es wiederum vorbehalten, das schiedlich-friedliche 3:3-Endresultat herzustellen.

Das Spiel ist aus. Die letzte Begegnung der ersten Saison auf dem Hardtberg. Eingemottet werden Tore und Netze. Mit dem Anhang lässt man die Spielzeit gemütlich ausklingen.

Pläne für die kommende sportliche Saison, für das neue Jahr, werden natürlich bereits gemacht. Da steht für die „EG Funke Dorsten" die erste Turnierteilnahme an. In der Petrinumhalle, im März des Jahres 2002. Unter Wettkampfbedingungen, versteht sich, beim sogenannten „Klosterstürmer-Cup". Und damit die Hobby-Kicker bis zu diesem Termin nicht aus der Übung kommen, wird in der Winterpause in der Halle fleißig weitertrainiert.

Zum „Klosterstürmer-Cup" werden - wie aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen verlautete - auch die Ehefrauen unserer wackeren Hobby-Kicker aktiv werden. Zumindest einige der Ehegattinnen. Als Cheerleader nämlich. Mit sehr guten Chancen, ihren Männern dann die Schau zu stehlen. Denn etliche der jungen, sympathischen Damen standen in Reihen der Tanzgruppe Dorsten-Hardt - und begeisterten auch das Altstadtfest-Publikum in den 80er Jahren. Und von ihrem Talent und Können werden die Mädels bestimmt nichts verlernt haben.